Hintergrundinformationen zu der Resolution gegen die mögliche Erstaufnahmeeinrichtung und Analyse vor der Kundgebung des Bürgervereins Ahlhorn am 2.12.23

Resolutionserstellung

Der Gemeinderat Großenknetens verabschiedete am 23.10.2023 in einer nicht-öffentlichen Ratssitzung einstimmig eine Resolution gegen die Einrichtung eines Standortes der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes Ahlhorn, weil der Besitzer/Landwirt Ulrich Osterloh seine Liegenschaft eigeninitiativ zur Anmietung angeboten habe. 

Kundgebungen

Am 02.12.2023 findet, ergänzend zur Resolution, ein Protest des Bürgervereins Ahlhorn gegen die mögliche Erstaufnahmeeinrichtung in Ahlhorn statt. Entgegenhaltend erfolgt eine Begleitung der Kundgebung durch eine eigene Versammlung vom „Aktionsbündnis Landkreis Oldenburg“ am 02.12.2023 ab 11:00 Uhr auf dem Parkplatz Ecke Am Lemsen / Händelstraße. Sie wird unter anderem mitgetragen durch die Seebrücke Wildeshausen und Oldenburg und den Landesausschuss Courage gegen Rechts der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Niedersachsen und wird verschiedene Informationsmaterialien bereitstellen. 
Mit der begleitenden Kundgebung sowie der folgenden Analyse und Beurteilung erfolgt der Versuch eine kritische Einordnung der aktuellen Abwehrpolitik in Ahlhorn vorzunehmen. 

Einreichung der Resolution

Quelle: Gemeinde Großenkneten
Gemeinsame Übergabe der Resolution am 1. November von Uwe Beh­rens (stellvertretender Fraktionsvorsitzender Gruppe Grüne – Kommunale Alternative – Lahrmann), Harm Ry­ke­na (AfD-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat, AfD-Landtagsabgeordneter), Ralf Mar­tens (CDU-Fraktionsvorsitzender), Sven Wil­ke (FDP-Gemeinderatsmitglied), Hart­mut Gie­se (stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender), As­trid Gro­te­lü­schen (Mitglied des Bundesbundetages 2099 – 2010 und 2013 – 2021; ehemalige niedersächsische Ministerin), Thors­ten Schmidt­ke (Bürgermeister Gemeinde Großenkneten) und Lu­kas Rein­ken (Direktmandat niedersächsischer Landtag Wahlkreis Cloppenburg-Nord CDU) an das Innenministerium. 
Über die Einreichung berichteten die Nordwestzeitung und die Wildeshauser Zeitung. 

Resolution\“Sorgen“

Die einleitenden Worte „Wir, die Ratsmitglieder der Gemeinde Großenkneten, erklären unsere Sorge bezüglich der Überlegungen, im „Wohnpark Ahlhorn“ auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes in Ahlhorn/Großenkneten eine Landesaufnahmeeinrichtung einzurichten“ (Resolution LAB, S. 1) sind dabei der Beginn einer sich auf drei Seiten erstreckenden Negativdarstellung und Abwehrpolitik.

Resolution\“Flüchtlingsstrom“

Der Satz „Die Gemeinde Großenkneten ist sich der gemeinsamen Verantwortung zur Bewältigung der aus dem anhaltenden Flüchtlingsstrom resultierenden Krise bewusst“ (ebd., S. 2) beschreibt die Zureise von Schutzsuchenden als Ursache einer Krise, die es zu bewältigen gilt. Die betreffenden Menschen werden dabei nur als Teil eines „Stroms“ genannt – ein negativ assoziierter Begriff. 
Bei einem Begriff wie „Flüchtlingsstrom“ sieht man vor dem geistigen Auge beispielsweise vermutlich große Menschenmassen heranrauschen. Es wird das Bild einer Naturgewalt und eines entsprechenden Bedrohungsszenarios erzeugt. So wird als vermeintliche Lösung nahegelegt: Abschottung.
Worte prägen Meinungen und wer über Geflüchtete spricht, sollte sich dessen bewusst sein. Wenn in diesem Zusammenhang von einem Flüchtlingsstrom geschrieben wird, sollte vergegenwärtigt werden, dass ein „Strom“ in diesem Kontext furchteinflößend wirkt. Der Begriff schürt die Angst vor Geflüchteten und verstärkt Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (vgl. https://neusprech.org/fluechtlingsstrom ).

Resolution\“Forderungen“

In den Forderungen wird die Abwehrreaktion daraus ersichtlich, dass der Ortsteil Ahlhorn der Gemeinde Großenkneten bei künftigen Überlegungen des Niedersächsischen Innenministeriums ausgeschlossen werden soll und die Verhandlungen mit dem Eigentümer sofort eingestellt werden sollen (vgl. ebd., S. 2)

Resolution\“70 %“

In der Resolution wird auf einen Migrationsanteil von „etwa 70 %“ (ebd.) verwiesen.
„Der Anteil der Menschen ohne ausländische Staatsbürgerschaft liegt […] bei nur noch etwa 30 %“ (ebd., S. 1) wird zunächst als Argumentationsgrundlage genutzt. Weiterhin wird anschließend auf die etwa 70 % Migrationsanteil (vgl. ebd., S. 2) verwiesen.

Resolution\“70 %“ vs. ISEK 2017

Der Wert von 70 % steht im Widerspruch zu den Ergebnissen der ISEK-Studie aus 2017 (ISEK 2017: https://ablakol.noblogs.org/files/2023/12/isek_wildeshauser_str_ahlhorn-1.pdf ).
In einzelnen Straßen des Ortsteilgebiets „Wildeshauser Straße“ (vgl. ebd., S. 49; Abb. 42) lag der Migrationsanteil zum 31.12.2016 laut der ISEK-Studie bei über 70 % (vgl. ebd.).
Für den gesamten Ortsteil Ahlhorn wird allerdings ein Wert von 39 % und für das Ortsteilgebiet „Wildeshauser Straße“ von 54 % angegeben (vgl. ebd.).
Die Verlässlichkeit der Zahlen der ISEK-Studie wurde seitens der Verwaltung der Gemeinde Großenkneten bestätigt. Es entzieht sich jeglicher Logik, dass sich in Ahlhorn seit 2017 eine Steigerung des Migrationsanteils um 79,5 % vollzogen hat. Selbst unter Berücksichtigung der Unterbringung von saisonalen Arbeitsmigrierten in den Sommermonaten ist eine solche Steigerung statistisch nicht möglich. Es gab seit 2017 auch keine größeren Migrationsbewegungen, die eine solche Steigerung zulassen könnten.
In Bezug auf die Sommermonate heißt es in der ISEK-Studie:
„Aufgrund der großen Zahl an (ausländischen) Erntehelfern/Saisonarbeitern betrug der Ausländeranteil Ahlhorn im Sommer (am 30.6.2016) sogar 44 %.“ (ebd., S. 24, Fußnote 9)
Selbst wenn der Wohnpark Ahlhorn vor Jahren bis zu 2500 Menschen Platz bot ( https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/fluechtlinge-in-der-gemeinde-grossenkneten-resolution-gegen-einrichtung-einer-erstaufnahmeeinrichtung-des-landes_a_4,0,3028398563.html ) sind es aktuell noch 1400 Plätze. Eine erhöhte Auslastung des Wohnparks in den Sommermonaten ist weiterhin plausibel. Inwiefern diese kurzfristig vor Ort lebenden Arbeitsmigrierenden in die Statistik der vor Ort lebenden Menschen mit Migrationshintergrund einbezogen werden können oder sollten, ist wissenschaftlich fragwürdig. Deshalb verzichtete die ISEK-Studie darauf und beließ es bei einer Bemerkung in der Fußnote. 
Eine Anfrage beim Statistischen Bundesamt ergab, dass auf Gemeinde- oder Ortsteilebene keine aktuellen Daten vorliegen. 
Demnach basiert die Resolution auf unzutreffenden Zahlen und ist damit in ihrer Aussagekraft höchst fragwürdig. 

Resolution\“Arbeitsmigrierende vs. Ankommende“

Weiterhin heißt es in der Resolution: „Nicht nur eine sehr hohe Anzahl von Zugewanderten würden dann auf einem engen Raum nebeneinander leben, sondern die aus der EU stammenden Arbeitsmigranten wären in den Containern schlechter untergebracht als die Geflüchteten in den festen Unterkünften, obwohl sie im Gegensatz zu den Geflüchteten mit ihrem Arbeitseinkommen die Unterkunftskosten selber tragen müssen. Die Flüchtlingsunterkunft würde die Wohnsituation der Arbeitsmigranten deutlich verschlechtern.“ (Resolution LAB, S. 1) 
Außerdem wurde und wird im Zusammenhang mit der Etablierung einer Erstaufnahmeeinrichtung zum einen in der Resolution auf die Unterbringung der Arbeitsmigrierten in Containern verwiesen (vgl. ebd., S. 1). Dies wäre allerdings nur möglich durch Änderungen des Bebauungsplans, welche durch den Bauausschuss und letztlich den Gemeinderat beschlossen werden müssten.

Resolution\Ungenutzte Verbesserungspotentiale

Es hätte die Möglichkeit bestanden mit Formulierung der Ablehnung jeder Form von Rassismus oder Ausgrenzung auf Grund der Herkunft und der Betonung der Gleichwertigkeit aller Menschen unabhängig von ihrer Herkunft eine Zustimmung, und somit das gemeinsame Betreiben von Politik mit der AfD zu verhindern. 
Natürlich hätte dies das „Risiko“ mit sich gebracht, dass keine Mehrheit zustande gekommen wäre, was aber als Zeichen der politischen Stärke zu werten gewesen wäre und dazu beigetragen hätte, dass die AfD nicht unter oder hinter der Resolution gestanden hätte. 
Sofern die von der Verwaltung erstellte Resolution nicht erst in der Gemeinderatssitzung vorgelegt wurde, steht außerdem die Frage im Raum, warum kein Änderungsantrag eingebracht wurde. Dies hätte mit Formulierung positiver Aussagen zu Migration, Asyl und Vielfalt getan werden können.
Des Weiteren hätte die Möglichkeit bestanden, eine durchdachte Petition außerhalb des Gremiums Gemeinderat unter Ausschluss der AfD zu erstellen, abzustimmen und unter Einbezug weiterer lokaler Akteure zu veröffentlichen.

Mehr Sorgen & Platzängste von CDU & Bürgerverein

Im Nachgang erfolgte zum einen ein weiterer Presseartikel mit Äußerungen des CDU-Fraktionsvorsitzenden Ralf Martens und dem CDU-Landtagsabgeordneten Christian Fühner in der NWZ mit dem Titel „Das Fass in Ahlhorn ist längst übergelaufen“ ( https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/erstaufnahmelager-fuer-fluechtlinge-in-ahlhorn-cdu-abgeordneter-will-mit-innenministerin-sprechen_a_4,0,3085883541.html ). Zum anderen vermeldete der Bürgerverein Ahlhorn in einer Pressemitteilung am 13.11.2023 als „Hilferuf aus einem Ort am Limit“ (https://www.kreiszeitung.de/lokales/oldenburg/grossenkneten-ort61344/brandbrief-des-buergervereins-ahlhorn-zur-fluechtlingsunterkunft-hilferuf-aus-einem-ort-am-limit-92677272.html ; https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/fluechtlinge-in-ahlhorn-buergerverein-protestiert-gegen-moegliches-erstaufnahmelager_a_4,0,3158976334.html ) seine Bedenken gegen die Erstaufnahmeeinrichtung.
Am 23.11.2023 war einem Presseartikel der NWZ zu entnehmen, dass der Bürgerverein Ahlhorn am 2.12.2023 ab 11 Uhr zu einer Kundgebung in Ahlhorn aufgerufen ( vgl. https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/fluechtlinge-in-ahlhorn-buergerverein-ruft-zur-kundgebung-gegen-erstaufnahmelager-auf_a_4,0,3293569750.html ). 

Sprachförderbedarf

Auch der Verweis des Bürgervereins auf den Anteil von Kindern mit Sprachförderbedarf im Primar- und Elementarbereich ist kritisch zu betrachten (vgl. https://www.kreiszeitung.de/lokales/oldenburg/grossenkneten-ort61344/brandbrief-des-buergervereins-ahlhorn-zur-fluechtlingsunterkunft-hilferuf-aus-einem-ort-am-limit-92677272.html ). Die Feststellung eines Sprachförderbedarfs ist nicht zwangsweise mit einem Migrationshintergrund einhergehend. Auch Kinder ohne Migrationshintergrund können von einer Sprachentwicklungsstörung betroffen sein. Besonders im Zuge der Ausbreitung, des Erlasses von Quarantäneverordnungen sowie der damit ausgesetzten zeitweisen sozialen Isolation durch Covid-19 gab es einen erheblichen Anstieg des Förderbedarfs Sprache in der gesamten jüngeren Bevölkerung (vgl. https://www.aerztezeitung.de/Kooperationen/Corona-stoerte-die-sprachliche-Entwicklung-bei-Kindern-436151.html ). Hierfür wurden ebenfalls Förderprogramm geschaffen bzw. ausgeweitet ( vgl. https://soziales.niedersachsen.de/startseite/kinder_jugend_familie/landesjugendamt/newsletter_jin/newsletter_02_2021/sonderprogramme-des-bundes-und-des-landes-niedersachsen-fur-die-unterstutzung-von-kindern-und-jugendlichen-nach-der-pandemie-202309.html ; vgl. https://bildungsportal-niedersachsen.de/fruehkindliche-bildung/bildungsauftrag/bildungsbereiche/sprachbildung-und-sprachfoerderung ).

Gelände-/Wohnsituation: Wohnpark Ahlhorn

Die Situation im Wohnpark Ahlhorn zeichnet sich dadurch aus, dass das Gelände umzäunt ist, die Lage  abgelegene ist, Einlasskontrollen stattfinden, ein kleiner Supermarkt – mit hohen Preisen – vorhanden ist sowie eine kleine Kapelle, in der orthodoxe Gottesdienste stattfinden (anonyme Quelle).
Die Wohnsituation ist aktuell durch Drei-Bett-Zimmer und sog. Familien-/Zwei-Bett-Zimmer für Paare gekennzeichnet (anonyme Quelle).

Doppelmoral & Widersprüche

Der sich abzeichnende Widerspruch und die Doppelmoral in Ahlhorn/Großenkneten lässt sich auch an der Ansiedlung eines Amazon-Logistikzentrums im Metropolpark Hansalinie in Ahlhorn feststellen. Die Kritik an Ankommenden bzw. Menschen mit Migrationshintergrund in Ahlhorn passt nicht zu den bestehenden Beschäftigungsverhältnissen des Konzerns sowie der Logistikbranche im Allgemeinen, da diese oftmals sog. „Geringqualifizierte“ [Anmerkung: Abwertende Fremdbezeichnung durch die Öffentlichkeit] beschäftigt. Diesem statistischen Status werden auch Menschen zugeordnet, deren Berufsausbildung oder Studienabschluss in Deutschland nicht anerkannt wird. 
Auch der allgemeine Widerspruch, Schutzsuchenden aus der Ukraine eine sofortige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu erteilen, Schutzsuchenden aus anderen Krisen- und Kriegsregionen wie z. B. Syrien jedoch nicht, ist fragwürdig.
Auch die in der Region angesiedelte fleischverarbeitende Industrie wie z. B. in Wildeshausen, wo die Firma Geestland über Jahre hinweg durch eine entsprechende Buchhaltung keine Gewerbesteuer zahlte, sich aber durch zweimalige Zahlung von 50.000 € von ihrer Verantwortung freikaufen wollte (vgl. https://www.kreiszeitung.de/lokales/oldenburg/wildeshausen-ort49926/putenschlachterei-geestland-stellt-50-000-euro-grossspenden-fuer-integration-ein-91495211.html ), wird akzeptiert und sorgt für billiges Fleisch im Einzelhandel. Die Unterbringung der größtenteils aus anderen Ländern stammenden Arbeitenden erfolgt aber in menschenunwürdigen Wohnungen und Quartieren, wie dem Wohnpark Ahlhorn.

Definition Migrationshintergrund

„Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Im Einzelnen umfasst diese Definition zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte, (Spät-) Aussiedlerinnen und (Spät-) Aussiedler sowie die als Deutsche geborenen Nachkommen dieser Gruppen.“ ( https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Glossar/migrationshintergrund.html )
Der statistische Status Migrationshintergrund sagt nichts darüber aus, wie der Integrationsstatus einer Person ist. Immerhin kann eine Person bereits nach kurzer Zeit über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben, jedoch weiterhin einen Migrationsstatus haben. 

Kommunale Gemeinschaftsunterkunft ≠ Erstaufnahmeeinrichtung

In der Resolution sowie der nachfolgenden öffentlichen Diskussion wurde mehrfach auf die kommunale Sammelunterkunft in Huntlosen/Großenkneten verwiesen, um damit unter Beweis zu stellen, dass die Gemeinde sich bereits in der Unterbringung engagiert. Dabei wurde allerdings nicht darauf eingegangen, dass es sich bei der geplanten Landesaufnahmebehörde in Ahlhorn eine Erstaufnahmeeinrichtung handelt. 

Gemeinschaftsunterkünfte

Das aufgegriffene Beispiel der kommunalen Unterkunft in Huntlosen in einer ehemaligen Gaststätte stellt ebenfalls einmal mehr den Versuch dar, eine zentralisierte Unterbringung in den Kommunen positiv zu bewerten. In Gemeinschaftsunterkünften kann das Zusammenleben vieler fremder Menschen auf engstem Raum Konfliktpotenzial bergen und eine Einschränkung der Privatsphäre vorliegen, selbst wenn den Personen einzelne Zimmer zur Verfügung stehen.

Anschlagsversuch?

In der Vergangenheit wurden Gemeinschaftsunterkünfte leider immer wieder Orte von Anfeindungen. In der Region erwähnenswert ist beispielsweise der vermeintliche Brandanschlag auf eine kommunale Notunterkunft in Wildeshausen bei der „[…] unter Steinen und Laub mehrere Flaschen versteckt [gefunden wurden], die dem Geruch nach zu urteilen eine entzündliche Flüssigkeit enthielten.“ ( https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/fluechtlingsunterkunft-in-wildeshausen-brandflaschen-gefunden-staatsschutz-ermittelt_a_51,11,3622690046.html ). Da es sich um ein Offizialdelikt handelt ist die Staatsanwaltschaft von Amtswegen (also selbsttätig) tätig. Die Ermittlungsunterlagen liegen weiterhin bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg (Quelle: Pressestelle der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch, Stand: 30.11.2023).

Rechter Terror im Nordwesten

Aber auch durch Brandanschläge im Bremer Umland, wie auf das Restaurant „Martini“ in Syke am 13.02.2020, das syrische Restaurant „Hexen Keller“ in Gnarrenburg oder die Cocktailbar „Don Gantero“ in Ganderkesee am 14.10.2020 sind Anzeichen eines aufkommenden Rechten Terrors im Nordwesten ( vgl. https://www.nationalismusistkeinealternative.net/kampagnenstart-rechter-terror-im-nordwesten ). 
Im Zusammenhang mit Erstaufnahmeeinrichtung ist der Brandanschlag auf die Einrichtung der Landesaufnahmebehörde, das Kloster Blankenburg bei Oldenburg, erwähnenswert:
„Zwei Brandsätze zündeten auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete. Die Feuer beschädigten zwei Gebäude, eines leer stehend, eines schwach belegt. Verletzt wurde niemand, zumindest nicht phy­sisch.“ ( https://taz.de/Brandanschlag-auf-Fluechtlingsunterkunft/!5775899 )

Wegbereiter

Die Grundlage des rechten Terrors „[…] fußt auf einer rechtsextremen Ideologie, der die Rhetorik der AfD den Weg bereitet hat“ ( https://www.asb-dresden-kamenz.de/news/afd-ist-wegbereiter-fuer-rechte-gewalt ) ließ bereits Arbeiter-Samariter-Bund Bundesgeschäftsführer Ulrich Bauch 2019 verlauten.

Aktuelle Aus-/Überlastung bestehender Erstaufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen

In Bezug auf die Landesaufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen ist deren Auslastung auch relevant. In Hildesheim wird aktuell eine Zeltstadt erreichtet, was in Anbetracht der Witterungsverhältnisse und der Wohn- sowie Lebenssituation in diesen Zelten nicht hinnehmbar sein darf (vgl. https://www.ardmediathek.de/video/hallo-niedersachsen/hildesheim-erste-gefluechtete-ziehen-in-zeltstadt/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS9iYTVmYzhiZS03ZGJkLTQ2YjQtODY1ZS02MDViZDEzZjk2ZTY ).

Verfahren für Ankommende

In den Erstaufnahmeeinrichtung verweilen Ankommende zunächst bis zu sechs Monate. Während dieser Phase der Feststellung vom Asylstatus werden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt. 
Die auf Landes- und Bundesebene vorhandene Debatte über die Bereitstellung der Grundleistungen des notwendigen Bedarfs nur noch als Sachleistungen zu gewähren, stellt einen von vielen Versuchen dar schutzsuchende Menschen als Kostenverursachende darzustellen. Der mit der Bereitstellung von Sachleistung verbundene Verwaltungsaufwand sowie die dadurch entstehenden Kosten blieben jedoch außen vor.
Erst nach der maximalen Unterbringungsdauer von sechs Monaten in der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgt die Unterbringung, nach dem niedersächsischen Verteilerschlüssel, auf die Kommunen des Landes. Die geschaffene Gemeinschaftsunterkunft in Huntlosen stellt somit eine andere Ebene im Verteilungsmechanismus von Geflüchteten dar. 
Die Aufnahmeeinrichtungen verfügen teilweise über medizinische Versorgungsmöglichkeiten, Kantine und Schlafsäle für viele Personen (vgl. http://www.proasyl.de/de/themen/basics/basiswissen/asyl-in-deutschland/was-passiert-nach-der-ankunft ).
Eine finanzielle Mehrbelastung, sofern keine Fördermittel in Anspruch genommen werden, die es gab und gibt ( vgl. https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/-sprint-und-sprint-dual-werden-regelangebote-an-berufsbildenden-schulen–tonne-neue-berufseinstiegsschule-bes-sichert-sprachfoerderung-und-integration-zum-schuljahr-20192020-175700.html ), kann durch einen Besuch von minderjährigen schulpflichtigen Ankommenden durch die umliegenden öffentlichen allgemeinbildenden Schulen und die umliegenden Berufseinstiegsschulen erfolgen. Dadurch würde eine sofortige Anbindung an das niedersächsische Schulsystem ermöglicht werden.

Bewertung Bürgerverein

Der Bürgerverein Ahlhorn ließ durch seinen Vorsitzenden Rolf Löschen am 16.11.2023 folgendes verlauten: „Wichtig ist, uns darauf hinzuweisen, dass dieses keine ,rechtsradikalen‘ Forderungen sind, sondern es sich hier um einen Hilferuf aus einem Ort am Limit handelt.“ ( https://www.kreiszeitung.de/lokales/oldenburg/grossenkneten-ort61344/brandbrief-des-buergervereins-ahlhorn-zur-fluechtlingsunterkunft-hilferuf-aus-einem-ort-am-limit-92677272.html ) Dem Verein eine Rechtsradikalität oder gar -extremismus zu unterstellen wäre in diesem Kontext durchaus fragwürdig. Tendenzen einer Fremdenfeindlichkeit, des Rechtspopulismus und einer diskriminierenden Ausdrucksweise lassen sich den Aussagen „Fremde in ihrem Heimatort“ (ebd.), „überlastete Migrations-Situation“ (ebd.), dem Verwenden des Begriffs „sozialer Sprengstoff“ (ebd.) im Zusammenhang mit der möglichen Erstaufnahmeeinrichtung oder dem unreflektierten Aufgreifen des Migrationsanteils von 70 % in Ahlhorn entnehmen.
Der Zweck des Vereins ist dem Satzungszweck zu entnehmen:
– „die Förderung der kommunalen und kulturellen Interessen Ahlhorns in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Großenkneten und anderen Stellen,
– die Mitwirkung bei der Ortsgestaltung und Verschönerung der Ortschaft Ahlhorn,
– die Integration neuer Mitbürgerinnen und Mitbürger in die Dorfgemeinschaft Ahlhorn.“ ( http://www.buergerverein-ahlhorn.de/Satzung/Satzung_2017.pdf )
Die geleistete Arbeit des Bürgervereins in der Gemeinde in der Vergangenheit, besonders im Hinblick auf die Integration und Förderung der kommunalen und kulturellen Interessen Ahlhorns, war sehr positiv.
Umso fragwürdiger ist das aktuelle Auftreten und die damit verbundenen Äußerungen.
Außerdem heißt es auf der Homepage: „Die Tätigkeit des Vereins ist […] politisch neutral.“ ( http://www.buergerverein-ahlhorn.de/frame2.htm )
Die Aussage der politischen Neutralität wurde am 1.12.2023 in einem Artikel der Wildeshauser Zeitung bekräftigt: „Wir sind als Bürgerverein völlig neutral.“ (Wildeshauser Zeitung, 1.12.2023, S. 3)
Eine politische Neutralität ist, sofern überhaupt möglich, in diesem Sachverhalt durch den Verein längst nicht mehr gegeben.

Kundgebungsankündigung Bürgerverein

Am 23.11.2023 rief der Bürgerverein Ahlhorn über die Sozialen Medien und die Presse zu einer Kundgebung am 02.12.2023 ab 11 Uhr auf dem Parkplatz an der Ecke Wildeshauser Straße / Am Lemsen auf (vgl. https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/fluechtlinge-in-ahlhorn-buergerverein-ruft-zur-kundgebung-gegen-erstaufnahmelager-auf_a_4,0,3293569750.html ). Die Problematik der Versammlung besteht darin, dass die Gefahr des erneuten Aufgreifens diskriminierender Ausdrucksweisen, rechter Parolen wie beispielsweise die der AfD und weiterer Ressentiments existiert.

Rechte Mobilisierung

Die AfD mobilisiert breit zu der Kundgebung und Harm Rykena ist als Redner im Gespräch (anonyme Quelle). Des Weiteren erfolgt eine Mobilisierung zu der Versammlung durch bestehende rechtsextreme Strukturen der Region (anonyme Quelle).

Wahlergebnisse Ahlhorn

Besonders im Zusammenhang mit der womöglich ungewollten politischen Wegbereitung für die AfD ist in Ahlhorn auf die hohen Wahlergebnisse der Vergangenheit hinzuweisen ( vgl. https://www.nwzonline.de/politik/afd-hat-ihre-hoechsten-werte-eindeutig-in-ahlhorn_a_31,1,727662501.html ; vgl. https://www.nwzonline.de/niedersachsen/grossenkneten-afd-raeumt-in-ahlhorn-ab_a_32,0,3953670373.html ; […] ). Auch die durch den niedersächsischen Kultusminister a. D. Grant Hendrik Tonne als „blankem Rassismus“ betitelten Aussagen Harm Rykenas zu der Heterogenität an den örtlichen Schulen zeichnen ein Bild der rechten Hetze des Gemeinderats- und Landtagsabgeordneten vor Ort ( vgl. https://www.nwzonline.de/plus/ahlhorn-hannover-grundschule-ahlhorn-ex-kollegen-distanzieren-sich-von-rykenas-mobbing-aussagen_a_50,7,963135210.html )

„Unsere“ Forderungen

Auf Grund der aufgeführten Informationen hat sich das „Aktionsbündnis Landkreis Oldenburg“ formiert, und stellt deshalb folgende Forderungen:
 
Die niedersächsische Landesregierung verpflichtet sich
1.
solidarisch mit allen Menschen auf der Flucht zu sein, der zivilen Seenotrettung und den zivilgesellschaftlichen Unterstützenden von Geflüchteten Solidarität zuzusichern und sich für ein Ende der Kriminalisierung von praktischer Solidarität mit Geflüchteten in Europa einzusetzen.
2.
sich aktiv für sichere Fluchtwege und für die Einführung staatlich organisierter ziviler Seenotrettungsmissionen einzusetzen.
3.
neue Landesaufnahmeprogramme (nach § 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz) aufzulegen, um sichere Fluchtwege für Schutzsuchende zu schaffen und diese zusätzlich zum Königsteiner Schlüssel in Niedersachsen aufzunehmen.
4.
die Aufnahme weiterer Menschen aus den Lagern an den europäischen Außengrenzen umzusetzen – entweder über Beteiligung an einer Bundesaufnahme durch Überquote oder im Falle der weiteren Blockade der Bundesregierung durch eine eigene Landesaufnahmeanordnung.
5.
an den Resettlement-Programmen des Bundes mit einem zusätzlichen Kontingent zu beteiligen, um so Möglichkeiten für die zusätzliche Aufnahme von Schutzsuchenden zu schaffen.
6.
dafür einzusetzen, dass Bundesländer Landesaufnahmeprogramme auch ohne die Zustimmung des Bundesinnenministeriums durchführen können.
7.
das Engagement der vielen Kommunen als Sichere Häfen zu unterstützen, indem Rahmenbedingungen für eine eigenständige kommunale Aufnahme durch eine entsprechende Änderung des Aufenthaltsgesetzes erörtert und gesetzlich eingeführt werden.
8.
vor dem Hintergrund der Beteiligung niedersächsischer Polizei an FRONTEX-Einsätzen Sorge dafür zu tragen, dass ein menschenrechtskonformer und humanitärer Umgang mit Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen sichergestellt ist, etwa durch ein eigenes Monitoringverfahren.
9.
sichere Bleibeperspektiven für Schutzsuchende zu schaffen. Das Land sollte seine humanitären Spielräume nutzen, um Bleibe- und Teilhabeperspektiven für die Menschen zu schaffen und zu sichern, die in Niedersachsen leben und hier längst ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben.
10. 
für die Schaffung zusätzlicher Stellen im Bereich der Schulsozialarbeit und Einstellung weiterer Lehrkräfte zur Unterstützung der bestehenden Strukturen im Bildungsbereich durch das Kultusministerium einzusetzen, so dass die Förderung der Unterrichtsqualität über umliegende öffentliche allgemeinbildende Schulen und umliegende Berufseinstiegsschulen, im Fall des Schulbesuchs von Ankommenden bzw. in einer Erstaufnahmeeinrichtung Untergebrachten, nachhaltig gesichert wird.

„Unsere“ Kundgebung

Folgende Redende treten dabei in Erscheinung:
+ Ralf Beduhn: Vorsitzender Landesausschuss Courage gegen Rechts der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Niedersachsen
+ Hilke Hochheiden: Sprecherin der Partei Die Linke im Kreisverband Oldenburg-Land und stellvertretende Landesvorsitzende der Partei Die Linke Niedersachsen
+ Georg Zindl: Arbeitskreis „Würdiges Leben und Arbeiten“
+ Joshua Walther: Seebrücke Wildeshausen
Außerdem wurde die Stellungsnahme vom Landrat Dr. Christian Pundt „Auswirkungen der Flüchtlingskrise und mehr Realpolitik“ vom 10.10.2023 verlesen und kritisch kommentiert.

Hintergrund einer eigenen Kundgebung

Am 27.11.2023 wurde bei Rolf Löschen (Vorsitzender Bürgerverein Ahlhorn) telefonisch angefragt, ob es möglich wäre, im Rahmen einer Tätigkeit für den Landesausschuss Courage gegen Rechts der GEW Niedersachsen und der Seebrücke einen Redebeitrag zu halten. Auch wurde die Bereitstellung eines Tischs mit Informationsmaterialien angeboten. Als Informationsmaterial wurden die Materialien der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus für Demokratie “ sowie der „Betroffenenberatung Niedersachsen“ genannt.

Die Mobile Beratung ist als Partner des Landes-Demokratiezentrums beim Landespräventionsrat Niedersachsen regionaler Ansprechpartner für Einzelpersonen, Gruppen, Initiativen, Vereine, Firmen und andere Institutionen, die fachliche Unterstützung in der konstruktive Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Formen von Rechtsextremismus benötigen. Sie wird durch das BMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms DemokratieLeben gefördert.

 

Die Betroffenenberatung wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ mit Mitteln des BMFSFJ durch das Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen (L-DZ) und aus Mitteln des Niedersächsischen Justizministeriums durch das Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte gefördert.

Am 28.11.2023 erfolgte durch Rolf Löschen telefonisch die Mitteilung, dass kein Redebeitrag erwünscht sei, sowie indirekt, dass die vertretenen Positionen auch nicht anderweitig erwünscht seien, und das Informationsmaterial ebenfalls nicht ausgelegt werden dürfe. Diesen Standpunkt des Versammlungsleiters, der in einer Vorstandssitzung des Bürgervereins am 27.11.2023 abgestimmt wurde, wurde akzeptiert, was zu der Anmeldung einer eigenen Kundgebung führte.
Eine Begründung für die Ablehnung des Informationsmaterials oder die Ablehnung des möglichen Redebeitrags ist nicht erfolgt.

Im Nachgang des Telefonats erfolgte eine schriftliche Informationsweitergabe via E-Mail, die im letzten Absatz folgenden Hinweis enthielt:

Ebenfalls rate ich Ihnen davon ab mit der rechtsextremen profaschistischen AfD ( https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/rechtsextremismus-rechtspopulismus/dossier-10-jahre-afd-eine-moderne-rechtsextreme-partei ; https://andreaskemper.org/afd-faschismus ), oder anderen rechtsextremen Verdachtsfällen, wie z. B. die AfD vom Verfassungsschutz in Niedersachsen eingestuft wurde ( https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/niedersachsischer-verfassungsschutzbericht-2021-potenzial-im-rechtsextremismus-leicht-rucklaufig-im-linksextremismus-und-islamismus-weitgehend-konstant-212571.html ) im Rahmen der geplanten Kundgebung und im Allgemeinen zu kooperieren.

Die Entscheidung liegt jedoch letztlich bei Ihnen als Verein bzw. als Anmelder der Versammlung.

 

Nachtrag 2.12.2023: https://ablakol.noblogs.org/post/2024/01/11/nachbereitung-kundgebung-bv-ahlhorn/

 


Downloads\Quellen:

+ Resolution LAB

+ Presseinformation zur Resolution gegen möigliche LAB

+ ISEK 2017

+ Pressemitteilung Kundgebung „Miteinander statt gegeneinander“

+ Mail an Bürgerverein Ahlhorn